Enthalten und Durchdringen

Am 29.12.2016 weckten mich die Sonnenstrahlen. Es war 8:30 früh und ich wollte diese Pracht im Freien genießen. Anschließend beim Betrachten der Fotos fiel mir auf, dass sie eine Innenansicht aus dem Zimmer hinausblickend und eine Außenansicht auf das Haus wiedergeben. Zwei verschiedene Blickwinkel, zwei verschiedene Welten, die nur ein paar Meter auseinander liegen.

Meinen Entschluss nach draußen zu gehen, fasste ich in einem Augenblick, der kürzer als ein Fingerschnippen war. Dieser Anblick des Morgenlichtes ist mir mit einem satten Gefühl von Naturzauber und Zufriedenheit in Erinnerung geblieben. Beim Betrachten der Fotos kann ich es mir immer wieder herholen.

Im Buddhismus gibt es das „Prinzip des Enthaltens und Durchdringens“. Es besagt:

„In jedem Leben (Lebensmoment) ist das gesamte Universum in jedem Augenblick seiner Existenz enthalten. Umgekehrt durchdringt auch jeder Moment des Lebens das gesamte Universum. Der Lebensmoment ist ein Staubkörnchen, das die Teile aller Welten im Universum beinhaltet. Er ist ein Wassertropfen, dessen Wesen sich in nichts von dem riesigen Ozean selbst unterscheidet.“

Es beschreibt die unergründliche Beziehung, die zwischen uns selbst und dem Universum besteht. Schon lange versuche ich die fundamentale Bedeutung dieses Prinzips zu verstehen und wie es sich in meinem Leben erfahren lässt. Früher habe ich mich oft so unbedeutend klein und hilflos gefühlt gegenüber der Welt, in der so viel Leid geschieht. Was kann ich kleines Menschlein tun? Was ist meine Aufgabe?

Langsam beginne ich zu verstehen, dass ich genau dort wo ich gerade bin, am richtigen Ort zur richtigen Zeit bin. Auch wenn mein Lebensradius klein ist, wirkt es im großen Ganzen.

Mein Lehrer Daisaku Ikeda schreibt:

„Das kosmische Leben umfasst und durchdringt alles. Und daher ist es gleichzeitig auch in allem enthalten. Die Einheit des kosmischen Lebens und unseres individuellen Lebens liegt dem Prinzip zugrunde, nach dem „das Leben (ein einziger Lebensmoment) und alle Phänomene sich gegenseitig beinhalten“. Zu dieser mystischen Wahrheit zu erwachen heißt, des Buddhas „höchste Erleuchtung erlangen“.

Heuer sind es 30 Jahre, in denen ich den „inneren Weg“ der buddhistischen Praxis gegangen bin. Leider ist es kein „innerer Sprung“, sondern ein Weg der viel Geduld, Beständigkeit und Herausforderungen annehmen braucht.

Mein Bild dazu: Am Anfang meiner buddhistischen Praxis fühlte sich mein Leben an, als wäre ich auf einer sehr wackeligen, heftig schwankenden Hängebrücke. Da gab es wenig Halt und Spielraum, weil ich mich so auf den nächsten unmittelbaren Schritt konzentrieren musste. Mit der Zeit konnte ich immer wieder nach vorne schauen, bis sich die Brücke endlich stabilisiert und gefestigt hat. Mittlerweile kann ich in Kontakt mit den Personen und der Umgebung um mich herum sein, schaue wer oder was da auf mich zukommt und habe Zeit zu agieren bzw. zu reagieren und ich kann ebenso andere Menschen, die es wollen, auf ihrem Weg begleiten.