Wenn Elefanten vorüberziehen

Elefantengott Ganesha – Flowing Rhythmus
Künstlerin (Sonja Hellman),
Installationen (Andrea Hoess und Angelika Jetzinger)
5 Rhythmen „Tribal Dance“ Workshop, Leitung Silvija und Thierry

Die Erlebnisse eines fünftägigen 5 Rhythmen Tanz-Workshops in Worten auszudrücken, ist nicht möglich. Und trotzdem möchte ich es wagen, Euch einen Eindruck davon zu vermitteln, was es mir bedeutet und was es mir bringt. Im freien Tanz, ohne vorgeschriebene Schritt- und Bewegungsabläufe, ist es möglich, sich im besten Fall, ganz in den Moment hineinzulassen und den Impulsen des Körpers zu folgen. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Affen im Gehirn soweit beruhigen lassen, dass das bewusste Konstruieren und Planen von Bewegungsabfolgen in den Hintergrund treten kann. Stattdessen übernimmt der Körper die Führung und folgt, scheinbar willenlos, den Impulsen. Diesen Idealzustand zu erreichen ist das eigentliche Ziel. Wenn es gelingt, wird es mühelos und fließt wie von selbst. Es ist eine Reise. Es geht darum in guten Kontakt mit sich selbst zu kommen, sich als das Wesen zu spüren, das man ist. Da gibt es keine Bewertungen mehr. Nur die Freude des Seins im Raum, mit sich und anderen.

Am Beginn solcher Seminare begegnen mir oft allerlei eigene Widerstände. Zu viele störende Gedanken in meinem Kopf, ich habe keine Lust, bin zu müde, die oder der ist mir unsympathisch, es riecht komisch im Raum, es ist zu kalt und ich habe meine Socken vergessen, die Unterhose zwickt…diese Liste ist endlos. Da hilft nur eins, einfach weitermachen und dieses Geplapper in meinem Kopf vorüberziehen lassen. Irgendwann bin ich durch diese Hindernisse durchgetaucht und bereit mich auf den Tanz einzulassen. Für mich gibt es kein besseres Übungsfeld für das Erforschen von zwischenmenschlicher Nähe und Distanz.

Oft kommt die Anleitung eine/n Tanz-Partnerin zu suchen. Empfohlen wird dabei, sich der nächsten Person zuzuwenden ohne auszusuchen oder zu vermeiden. Es heißt dann „no picking, no avoiding!“ Wir alle neigen dazu, sofort zu den schon bekannten Freundinnen zu eilen oder scheinbar unsympathische Menschen auszugrenzen. Ich nehme mich da keineswegs aus. Doch finde ich immer mehr Spaß daran möglichst offen und ohne Selektion bei der Partnerwahl zu sein. Aus dieser Haltung heraus entstehen Begegnungen voller Überraschungen. Jede/r tanzt für sich und doch entsteht Gemeinsamkeit und Verbundenheit in einem einzigartigen Tanz, den es so nur einmal gibt. Zärtliche, verspielte, eckige, wilde, verrückte, sanfte, stampfende, erdige, schüttelnde, tierische, laute, fließende, drehende, coole, elektrisierende, ekstatische, magische Tänze. Oft fühle ich mich dabei wie eine „Gestaltwandlerin“, denn mit jedem Menschen entsteht etwas anderes.

Die Bandbreite an Gefühlen, die bei diesen Tanzerlebnissen entstehen kann, ist ebenso vielfältig. Begonnen hat meine Reise mit den 5 Rhythmen als meine Mama kurz vor ihrem Lebensende stand. Es war für mich der beste Ort, um meine Gefühle der Trauer, der Wut, der Hilflosigkeit und Unausweichlichkeit auszudrücken. Ich konnte in einer Ecke für mich alleine tanzen und ungefiltert und unmittelbar all die Gefühle ausdrücken, für die es keine Worte gab.

Kali-Ma – Chaos Rhythmus
Künstlerin (Sonja Hellman),
Installationen (Andrea Hoess und Angelika Jetzinger)
5 Rhythmen „Tribal Dance“ Workshop, Leitung Silvija und Thierry

 Von diesem Workshop zum Jahresübergang in 2023 ist mir ein Bild besonders im Gedächtnis geblieben. Unsere Lehrerin zeigte der Gruppe ein Foto von zwei großen Elefanten und einem Baby-Elefanten, die unter Wasser schwimmend in türkis-blauem Licht von unten fotografiert worden waren. Was sie dazu sagte berührte mich zutiefst:

„Sogar die größten Lebewesen auf unserem Planeten werden vom Wasser getragen. Die Qualität des Wassers kann auch die schwersten Bürden des Lebens erträglich machen!“

Das Element des Wassers entspricht dem Rhythmus des CHAOS bei den 5 Rhythmen. Wenn wir das Chaos tanzen, dann wollen wir den Kopf frei bekommen und alles Belastende abschütteln. Dazu wird sehr rhythmische und schnelle Musik gespielt, die das Lockern, Loslassen und Schütteln leichter macht. Es hat etwas reinigendes, so wie Wasser.

Die Elefanten-Karawane meiner persönlichen schweren Lasten von früher konnte ich, wie gute alte Bekannte, in diesem Kurs an mir vorüber ziehen lassen. Welche Erleichterung! Sie hatten ihren Schrecken durch das Bewegen im Wasser des Chaos Rhythmus verloren. Es glich eher einer feierlichen Zeremonie.