Was meine Welt zusammenhält

Steine in Balance – Schwammerlstein in Rechberg / Mühlviertel 5. Januar 2024

Zum Überbrücken von Übergängen sind Rituale eine gute Möglichkeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und zu gestalten. Ich denke dabei an kleine alltägliche Rituale, wie zum Beispiel die Vorbereitungen im Massageraum für das richtige Ambiente. Dazu gehört, den Raum mit frischen Auflagetüchern, Massageölen und einer gereinigten Raumatmosphäre vorzubereiten. Kleine Dinge, die kaum auffallen, doch für eine Behandlung können solche Details, wie die richtige Raumtemperatur, ein angenehmer Duft und die passende Beleuchtung einen großen Einfluss auf den Wohlfühlfaktor haben.

Ein solches Übergangsritual war für mich die Bahnfahrt vom 29.12.2023 nach Leibnitz zu meinem Tanzworkshop. Ich sah den Himmel und die Landschaft im Zug sitzend an mir vorüberziehen. Das gab mir die Gelegenheit auf das vergangene Jahr zurück zu schauen. Im Dahingleiten erschien alles ein bisschen verschwommen und es nahm mir die Schwere zwischen zwei Destinationen zu sein. Ich musste nichts tun, ich wurde bewegt. Das gab meinen Gedanken freien Lauf. Ich saß also im Zug und hoffte auf einen Übergang vom Schweren ins Leichte. Gleichzeitig war da auch die Vorfreude auf das Tribal Dance 5Rhythmen Workshop über Sylvester. Das kleine Städtchen, der geschmückte Tanzsaal, die LehrerInnen und viele Teilnehmerinnen waren mir vom letzten Mal bekannt und ich sah dem ganzen Treiben gelassen entgegen. Entspannt lehnte ich mich zurück und konnte dem Bekannten, doch auch unvorhersehbaren Abenteuer eines 5tägigen Tanzen´s getrost ins Auge blicken. Trotzdem ich schon ungefähr eine Ahnung hatte, was mich erwarten würde, gab es eine Gewissheit. Es würde sicherlich ganz anders sein, als ich dachte. Es ist immer anders, als in unserer Vorstellung. Deshalb ist es wichtig (zumindest für mich), hilfreiche Mittel zu kennen, die Sicherheit und Selbstvertrauen geben können.

In meiner Welt gibt es zwei Bereiche, die eine essentielle Bedeutung haben. Das Tanzen und meine buddhistische Praxis sind die beiden wichtigsten Faktoren, die einen großen Raum in meinem Leben einnehmen.


Ich tanze seit meinem siebenten Lebensjahr, in den unterschiedlichsten Disziplinen. Anfangs war das Ballett der wichtigste Teil und wurde später vom Jazz- und Modern Dance abgelöst. Seit 20 Jahren ist das improvisierte, freie Tanzen mit den 5 Rhythmen zu einem Lebenselixier für mich geworden und wird es so lange bleiben, solange ich mich auf zwei Beinen fortbewegen kann.


Warum mache ich das? Wozu ist das gut?

Ganz kurz gesagt, es lässt mich das größtmögliche Maß an Freiheit und Verbundenheit erleben. Es folgt keinem bestimmten Zweck, außer mir Glücksgefühle zu bescheren. Nicht immer, aber sehr oft. Ich muss dabei nichts leisten, es ist ein reines Privatvergnügen. Wie oft und wann ich tanzen gehe, bestimme nur ich. Die Verantwortung liegt ganz bei mir. Früher gehörte das Tanzen und Tanzunterricht zu meinem Beruf. Es war ein bewusster Schritt mit alldem aufzuhören. Viele Jahre hat es gedauert, bis der Tanzprofi in mir stressfrei tanzen lernte. Bis ich mich von den vorgegebenen Zwängen und Regeln befreien konnte.


Der 5 Rhythmen Tanz ist eine bewegte Meditation, ohne festgelegte Schrittfolgen, die eine Möglichkeit bietet durch alle Ängste, Widerstände, Frustrationen, Spannungen durch zu tauchen. Sich durch das ganze Gefühlschaos hindurch zu bewegen. Zu mir selbst und immer wieder in meinem Körper zu landen, gut geerdet, mit freiem Kopf und voller Lebensfreude. Es ist wie nach Hause kommen. „Coming home“. Und das Schöne dabei ist, ich bin dabei ganz für mich und gleichzeitig mit allen anderen verbunden.


Das Gefühl von Verbundenheit spielt auch in meiner täglichen buddhistischen Praxis eine große Rolle. Das tägliche Ritual, mein Sitzkissen zu richten, die Kerzen anzuzünden und den Gebetsschrein zu öffnen, ist die ideale Vorbereitung, um einen Tag zu beginnen. Ganz aufzuwachen und sich auf positive Weise einzustimmen und den eigenen Lebenszustand täglich zu stabilisieren. Stellt euch zwei Säulen vor. Die erste Säule steht für Unlust, Ängste, Zweifel, Langeweile und andere Seins-Zustände, die wir nicht so hilfreich finden und die trotzdem zu unserem Leben gehören. Die zweite Säule hängt mit positiven Gefühlen wie Hoffnung, Weisheit, Mut, Entschlossenheit, Freude usw. zusammen. Mit meiner buddhistischen Praxis senkt sich der Pegelstand in der ersten Säule mit meiner buddhistischen Ausübung automatisch herab und die positiven Gefühle der zweiten Säule steigen wie von selbst an. Dieses Phänomen lässt sich nicht mit dem logischen Verstand erklären und ich weiß auch nach 36 Jahren nicht, warum es funktioniert. Doch es ist eine Tatsache, dass es mich erfrischt und fröhlich macht. Die wertvollen Geschenke, die sich in mir in den vielen Jahren des Meditierens manifestiert haben, sind meine Freude am Leben zu sein, mein stabiles Selbst und eine unerschütterliche positive Weltsicht gewonnen zu haben. Es gehört zu meinen täglichen Entschlüssen, mich immer wieder an die Fülle des Lebens zu erinnern:

„Zu stark für Angst, zu gütig für Ärger, zu glücklich für Sorge zu sein“