Übergänge

Fußgängerbrücke zwischen Donauinsel und Alte Donau

Im Alltag sind wir laufend mit Übergängen konfrontiert. Wir wechseln vom Schlaf in den Wachzustand, fahren von zu Hause zur Arbeit oder bereiten uns auf ein wichtiges Zoom Meeting vor. In meiner Massage-Praxis ist der Übergang vom ersten Kennenlernen bis zu dem Zeitpunkt, wo meine Klient*innen auf der Behandlungsliege angekommen sind, ganz entscheidend für das Vertrauensverhältnis zwischen uns.

Die Übergangsphasen von einer Lebensphase in eine Neue haben dann nochmals eine andere Dimension. Vor ein paar Tagen fiel mir auf, dass mein Sohn und ich uns in so einer Korridor-Phase befinden. Er hat vor kurzem maturiert, macht im Herbst Zivildienst und kann sich überlegen was er studieren möchte. Viele Möglichkeiten warten auf ihn und es ist gar nicht so leicht, sich für etwas zu entscheiden.

Bei mir geht es um den natürlichen Lauf der Dinge, der ein neues Lebensjahrzehnt näher heranrücken lässt. Ganz so einfach kann ich das mit mir noch nicht in Übereinstimmung bringen. Es ist vielleicht so ähnlich, wie mit meinem älter werdenden Gesicht, das ich zwar täglich im Spiegel sehe, und trotzdem immer wieder erstaunt bin, dass mir da nicht mein jüngeres Antlitz entgegen strahlt.

In Bezug auf meine Arbeit und für meine Klient*innen wird sich nichts ändern. Lediglich mein interner Status bekommt einen neuen Anstrich. Ich werde ab September eine selbständig arbeitende Masseurin bleiben, die ein Grundeinkommen von der Pensionsversicherung erhält. Mein 60. Geburtstag rückt näher und die Zahl erscheint mir unwirklich und mit meinem jugendlichen Gemüt nicht kongruent. Ich werde schon hineinwachsen in die neue Dekade. Auf ein paar Stunden mehr Freizeit freue ich mich bereits.

Friedlich Schiller hat es in seinem Gedicht
„Dimensionen des Lebensphasen“ so ausgedrückt:

„Dreifach ist des Raumes Maß
Rastlos fort ohn Unterlaß
Strebt die Länge, fort ins Weite
Endlos gießet sich die Breite,
Grundlos senkt die Tiefe sich.

Dir ein Bild sind sie gegeben:
Rastlos vorwärts musst du streben.
Nie ermüdet stille stehn,
willst du die Vollendung sehn;
Musst ins Breite dich entfalten,
soll sich dir die Welt gestalten;
In die Tiefe musst du steigen,
Soll sich dir das Wesen zeigen.

Nur Beharrung führt zum Ziel
Nur die Fülle führt zur Klarheit,
Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.“